Bildern in der Werbung ist es unter anderem, beim Betrachter Aufmerksamkeit zu erregen, als Hingucker oder als Rätsel oder ….

Irritation vs Identifikation

Dafür gibt es prinzipiell zwei Verfahren:
Irritation (Verfremdung, Verunsicherung, Innovation. Der Betrachter soll sich mit der Botschaft zu befassen, weil sie ungewöhnlich ist und deshalb seine Neugierde weckt. Rätsel &c. gehören in diese Kategorie, aber auch schockierende oder wie auch immer unerwartete Bilder – unerwartet kann der Inhalt ebenso sein wie die Machart (Betrachterstandpunkt, Farbe, Ausschnitt, Licht).
Identifikation (Vertrautmachen, Gewohntes, Regionales) Der Betrachter soll sich mit der Botschaft zu befassen, weil sie und ihre Umstände vertraut sind, weil wir uns mit der Botschaft identifizieren können, weil wir die Situation kennen … wir wollen so sein, wie es uns die Werbung zeigt … oder die Werbung richtet sich an Leute wie uns – vertraute Landschaft, vertraute Umstände.

Äußerungen verstehen

Wenn wir das Bild eines Rollstuhls vor uns haben und darunter steht „Rollstuhl“, dann sind wir unterfordert und gelangweilt. „Die halten uns wohl für total dumm.“
Eine Unterschrift wie „Kindersitz“ oder „Prost“ regt uns an, die Botschaft ist zu entschlüsseln; d.h. Bild und Bildunterschrift in einen vernünftigen Zusammenhang bringen. Die Herausforderung werden die meisten für angemessen halten. Wir wollen herausgefordert sein. Wer schon etwas Zeit für die Lösung, die Überbrückung der Diskrepanz zwischen Text und Bild investiert hat, hat sich engagiert, auch ein bisschen für das beworbene Produkt. Der Betrachter wird aktiviert.
Wie lautet die Botschaft für das Bild eines Rollstuhls und dem Text Kindersitz? Wie für Alkohol?
Eine Unterschrift wie „Polizei“ wäre unverständlich, so dass wir – verärgert – die Interpretationsversuche abbrechen würden.
Bild und Text müssen zusammenspielen, ob dies gelingt kann man testen, indem man das Bild zudeckt und nur den Text liest. Wenn er unverständlich ist, dann ist es gut; das selbe gilt für das Bild … (vgl. Bo Bergström, Titta!, Stockholm 2004, S.149ff)

Frage

Was heißt verstehen? Wann beenden wir den Versuch, etwas zu verstehen? Wenn es uns zu lange dauert, wenn wir meinen, verstanden zu haben, wenn wir meinen, es gibt nichts zu verstehen, wenn wir meinen, das verstehen wir sowieso nicht … in der Medienlinguistik ist die Rede von der Ton-Bild-Schere

dazu Renner, Karl N. (2001): Die Text-Bild-Schere. Zur Explikation eines anscheinend eindeutigen Begriffs. In: Studies in Communication Sciences (1), S. 23–44.

Werbebilder sammeln und ordnen

Sammle möglichst viele unterschiedliche Werbeanzeigen und teile sie in die Kategorien „verfremden“ und „vertraut machen“ ein. Welche Produkte kommen in der einen, welche in der anderen Kategorie häufiger vor? Versuche dies aus der Sicht der werbenden Firma zu verstehen, versuche die Idee und Strategie, die hinter dem Bildereinsatz stehen, hinsichtlich der anvisierten Zielgruppe zu beschreiben.
Weitere Ordnungskategorien: Personen, Kamerastandpunkt, geografische Orte, Innen-Außen, subjektive-objektive Kamera, Tageszeit …

Bilder betexten

Wähle ein aktuelle Anzeigenwerbung aus, beschreibe die Strategie, die dahinter steht und finde dazu Alternativen. Verändere Bild und Text, hole dir Bilder aus dem Internet oder aus Zeitschriften. Versuche eine Text-Bild-Schere zu finden, die der Zielgruppe entspricht, die angesprochen werden soll.
Versuche zu einem Produkt eine Werbung zu entwerfen, die irritiert, und eine, die sich zur Identifikation eignet.