Bildinhalte interpretieren
Bildkommunikation ist problematisch
angeregt von Rune Petterssons Aufsatz „Kinship diagrams“, in ders. Selected Readings S.247-258 PetterssonSelectedReadings-1
Bildbeispiele aus Pettersson
Mit Bildern kommunizieren, ist oft problematisch. Das wissen alle, die damit zu tun haben. Das Problem kommt daher, dass Bilder assoziativ aufgrund von Ähnlichkeiten interpretiert werden. Sowohl Rezipienten wie Produzenten von (Text-)Bildbotschaften profitieren davon, wenn ihnen dies bewusst ist. Für den Bildunterricht ist das Wissen über diese Zusammenhänge grundlegend. Hier schlage ich eine in der Bildnerischen Erziehung ungewöhnliche Methode vor: einen Versuch, wie sonst eher im naturwissenschaftlichen Unterricht.
Die Schülerinnen und Schülern beantworten zunächst eine Umfrage zu einem Set von Bildern; anschließend werden die Ergebnisse ausgewertet.
In der Umfrage geht es um den Inhalt der Bilder und die Assoziationen, die die Motive auslösen. Das intuitive Wissen von der mehr oder weniger kalkulierbaren Interpretation von Bildern wird hier empirisch sichtbar. Zudem wird wissenschaftliches Arbeiten geübt.
Dieses Experiment ist auch ein mögliches Thema für die vorwissenschaftliche Arbeit.
Bilder stellen zunächst etwas dar, sie bilden etwas ab. In der von der Sprachwissenschaft beeinflussten Semiotik (Lehre von den Zeichen) wird das Dargestellte (das Motiv) häufig als Denotat bezeichnet. Die Denotation ist sozusagen die wortwörtliche Bedeutung, manche sprechen auch von der Hauptbedeutung. Die Denotation ist die kontext- und situationsunabhängige Bedeutung eines sprachlichen Ausdrucks … Die Denotation von Nacht ist die Zeit zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang. Neben der Denotation wird die Konnotation unterschieden, dies sind mögliche Mitbedeutungen – Nacht kann etwa für Tod, Leere, Angst, Einsamkeit, Liebe, Romantik stehen – je nach Kontext. (wikipedia)
Wie das bei Bildern ist, ist strittig. Man könnte sagen: worüber nicht debattiert wird, das ist der Bestand oder die Grundbedeutung des Bildes.
Experiment
Den Schülerinnen und Schülern werden zwischen fünf und zehn unterschiedliche Bilder vorgelegt. Zu diesen werden die unten stehenden Fragen schriftlich beantwortet. Nach jeder beantworteten Frage werden die Antworten eingesammelt, noch besser ist ein digitales Frageformular ohne „zurück“-Funktion. Dafür gibt es verschiedene Angebote im Netz, z.B. https://www.soscisurvey.de/
Nicht zu viel Zeit für die Beantwortung der Fragen verwenden!
Die ersten beiden Fragen werden allen gestellt. Die Fragen 3 und 4 sind unterschiedlich und werden jeweils der Hälfte vorgelegt.
1. Was ist auf dem Bild dargestellt?
2. Was geschieht auf dem Bild?
3.a . An was denken Sie, wenn Sie dieses Bild sehen?
3.b. Was soll mit dem Bild ausgesagt werden?
4.a. Warum denken Sie daran?
4.b. Woraus schließen Sie das?
Die Fragen 3.a. und 4.a. zielen auf die subjektiven Assoziationen, die Fragen 3.b. und 4.b. auf die sozialen oder kulturellen Assoziationen. – Offensichtlich können wir zwischen beiden Assoziationen unterscheiden, sonst wären Bilder nur in sehr begrenzt dazu geeignet, anderen etwas mitzuteilen.
Auswertung
- Bei welchen Bildern gibt es bei den jeweiligen Fragen die größten Abweichungen/Gemeinsamkeiten bei den Antworten?
- Womit könnte dies zusammenhängen?
- Bei welchen Fragen gibt es mehr oder weniger Gemeinsamkeiten?
- Inwiefern lässt sich das Konzept Denotation/Konnotation auf Bilder anwenden?
- Bei welchen Bildern und welchen Fragen werden wie viele Wörter verwendet?
- Welche Bildauswahl könnte in einem weiteren Versuch verwendet werden, um die Ergebnisse weiter zu stützen bzw. in Frage zu stellen?
Varianten
Selbstverständlich lässt sich dieses Experiment auch mit Bildern aus dem Fundus der Kunstgeschichte anstellen: Epochen, Themen, Technik &c.
Ähnliche Versuche können mit Bildern gemacht werden, die thematisch „näher“ beieinander liegen: Werbung, Nachrichtenbilder, Poster, Grußkarten, Internet-Memes …