grundsätzliches

Wir nehmen wahr und deuten, was wir wahrnehmen. Es geht darum, die Welt zu verstehen, um angemessen zu handeln bzw. zu reagieren. Wenn etwas so oder auch anders sein kann, dann können wir dies als Zeichen verwenden. Dies gilt besonders bei Entscheidungen. Ein Beispiel: wenn wir mit jemandem in eine Gastwirtschaft gehen, um etwas zu essen, können wir aus der Wahl des Gerichts eine Menge Rückschlüsse auf unser Gegenüber ziehen: Vegetarier, hungrig, geizig, Feinschmecker, traditionell, innovativ usw. In manchen Situationen ist uns dies bewusst und wir wählen unser Essen auch unter dem Aspekt, wie unser Gegenüber diese Wahl interpretiert. Wo es wie in der Kantine nur ein Gericht gibt, können wir weniger Schlüsse ziehen: schmeckt ihm – schmeckt ihm nicht, hungrig – nicht hungrig.

Ähnlich ist es mit Kleidung: wenn alle eine Schuluniform tragen, wird es schwierig, aufgrund der Kleidung Schlüsse auf Einstellungen der Schülerinnen und Schüler zu gewinnen. Wer Schulen mit Schuluniformen kennt, weiß, dass Unterschiede durch das Tragen der Uniform inszeniert werden können. Weil wir davon ausgehen, dass aus verschiedenen Kleidungsstücken ausgewählt wird, ziehen wir Rückschlüsse, die sich soweit bewähren, dass wir dies immer wieder machen.

Beim Verstehen von Bildern und den Absichten, die mit ihnen verfolgt werden, beziehen wir bewusst oder unbewusst auch die materielle Beschaffenheit der Bilder mit ein. Neben anderem spielt der Bildträger eine Rolle – eben weil wir wissen, dass es verschiedene Bildträger gibt. Das Papier, auf dem das Bild oder der Text gezeichnet oder gedruckt ist, verwenden wir als Zeichen (semiotische Ressourcen), weil wir wissen, dass es viele verschiedene Papierarten gibt. Für bestimmte Anlässe halten wir gewisse Papiersorten für angemessen.

Sammeln Sie Bilder und andere Druckerzeugnisse auf Papier aus möglichst vielen verschiedenen Zusammenhängen.

Ordnen Sie Ihre Sammlung unabhängig vom Inhalt nach der Qualität des verwendeten Papiers.

Nehmen Sie einige Beispiele heraus und überlegen Sie, warum gerade diese Papiersorte für den jeweiligen Zweck verwendet wurde.

Überlegen Sie, in welche unterschiedlichen Kategorien sich die Papier einordnen lassen: Gewicht, Oberfläche, Volumen, Stabilität, Saugfähigkeit usw. Ordnen Sie die gesammelten Bilder/Druckerzeugnisse in eine dieser Kategorien ein. Welche Regelmäßigkeiten lassen sich feststellen? Versuchen Sie diese zu erklären.

Reflexion

Erklären Sie mit Hilfe der Zeichentheorie von Rudi Keller, wie bestimmte Papiersorten zu „Symbolen“ werden. Suchen Sie aus Ihrer Sammlung Beispiele aus, die sich zur Untermauerung der Argumentation eignen.

praktische Übungen

Besorgen Sie sich möglichst viele unterschiedliche Papiersorten und überlegen Sie sich für jede einzelne, ob und für welche Berufsgruppe sie sich zur Herstellung von Visitenkarten eignen. Entwerfen Sie entsprechende Visitenkarten. Berücksichtigen Sie, dass Visitenkarten jeweils Vertrauen wecken sollen und als angemessen eingeschätzt werden sollen.

Nehmen Sie sich irgendwelche Gestaltungsaufgaben vor und experimentieren Sie mit unterschiedlichen Papiersorten. Beschreiben Sie, wie sich die Botschaften durch den Einsatz unterschiedlicher Papierarten verändern. Gibt es Botschaften und Bilder, die durch unkonventionelle Papiere in ihrer Aussage stärker beeinflusst als andere? Warum?

Nehmen Sie aus Ihrer Sammlung von Papieren mit Bildern oder Texten ein für seinen Bereich typisches Beispiel heraus (Speisekarte, Zeugnis, Werbebeilage, Fahrplan, Papiertüte) und wählen Sie für eine eigene Gestaltung ein Papier, das die Botschaft sabotiert und unglaubwürdig macht. Wählen Sie für eine weitere Gestaltung ein Papier, das „gerade noch möglich“ ist.

Ähnliche Untersuchungen können Sie mit Layout-Formen oder Schriftarten durchführen. Auch daraus lassen Übungen entwickeln, die die Gestaltungen an der Grenze des „Gerade-Noch-Möglichen“ thematisieren.

Alternative

Anstatt Druckerzeugnisse werden möglichst viele unterschiedliche Papiersorten gesammelt und geordnet. Welche eignen sich als Bildträger für welche Zwecke.

zuerst veröffentlicht am  08. 01. 2007