Peinliche Begegnungen mit Kunst – bei vielen Zeitgenossen löst die Gegenwartskunst Unbehagen aus.
Wie verhält sich die Kunstvermittlung dazu? Wie machen wir es, dass Nichtwissen in der Kunst nicht als peinlich empfunden wird?
Begegnungen mit Kunst und Künstlern, Gespräche über Kunst empfinden sie als belastend, weil sie eine Blamage fürchten. Es erscheint wie ein Paradox: Während es, im Vergleich zu den vergangenen Jahrhunderten, immer weniger verbindliche Regeln für das Benehmen und Zusammenleben zu geben scheint, während der Einzelne, befreit von Klassen- und Standesgrenzen, eigentlich immer weniger Angst davor haben müsste, gegen Regelwerke, Dresscodes und Sprachformeln zu verstossen, ist die Angst vor der Peinlichkeit proportional mit der persönlichen Freiheit gewachsen. Gerade im Umgang mit Kunst manifestiert sich eine tiefsitzende Angst, in Gesellschaft blossgestellt zu werden.
Weiter heißt es im Artikel der NZZ
Das dialogische, partizipative Kunstgespräch, wie es heute in der Kunstvermittlung en vogue ist, kann bei Teilnehmern zu Stress führen, weil es mit einem Kontrollverlust einhergeht: Bei einem «tastenden», assoziativen Sprechen über Kunstwerke soll man spontan sein und spekulieren, soll man auch Fragwürdiges und Falsches sagen dürfen.
Wo steht hier die Kunstvermittlung? Unterstützt sie die Peinlichkeit? Am einfachsten ist es, den Leuten ihre übertriebene Ehrfurcht vor der Kunst zu nehmen. Kunst ist eine Szene unter vielen, sich hier nicht auszukennen, ist ebenso wenig peinlich, wie Unkenntnisse in Biathlon.